EuGH urteilt: DSGVO Verstöße sind auch abmahnfähig!

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Abmahnungen stellen zweifelsohne ein großes Übel im E-Commerce dar.

Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass es in Sachen Abmahnung eine weitere Baustelle gibt.

Wo greifen eigentlich Abmahnungen?

Der ursprüngliche Gedanke, der der Möglichkeit der Abmahnung zugrunde liegt, besteht darin, Gerichte zu entlasten, indem man eine außergerichtliche Möglichkeit schafft, Verstöße insbesondere von Wettbewerbern zu ahnden. Der wettbewerbsrechtliche Aspekt führt dazu, dass die abmahnbaren Verstöße im Wesentlichen im Wettbewerbsrecht verankert sind. Urheber- oder Markenrechtsverletzungen sind davon jedoch ausgenommen.

Der wettbewerbsrechtliche Aspekt führt zudem dazu, dass vornehmlich Wettbewerber einander abmahnen können. Es besteht somit nur wenig Gefahr, von eigenen Kunden abgemahnt zu werden, es sei denn, diese wenden sich an Verbraucherschutzorganisationen. Auch Vereine dieser Art können Shopbetreiber abmahnen. Es sei darauf hingewiesen, dass eine Abmahnung auch von einem Wettbewerber ausgesprochen werden kann. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht erforderlich. Bei eigener Abmahnabsicht ist die Hinzuziehung eines spezialisierten Anwalts zu empfehlen.

Was sind typische wettbewebsrechtliche Abmahngründe

Typische wettbewerbsrechtliche Abmahnungen haben ihren Ursprung im Wettbewerb. Die allgemeine Rechtsauffassung geht davon aus, dass dem Abmahnenden ein Schaden entstehen muss, selbst wenn es sich nur um einen angenommene Schaden handelt. Ein Shopbetreiber, der ein rechtsgültiges Impressum, eine korrekte Datenschutzerklärung, rechtsgültige Allgemeine Geschäftsbedingungen etc. vorweisen kann, befindet sich in einer nachteiligen Position gegenüber jemandem, der sich um diese Dinge gar nicht kümmert. Die Anzahl der Abmahnungen ist entsprechend hoch, da es häufig Beanstandungen bezüglich fehlerhafter Angaben, beispielsweise im Impressum, gibt. Selbstverständlich gibt es eine Vielzahl weiterer Gründe, die zu einer Abmahnung durch Wettbewerber oder zu einer eigenen Abmahnung führen können. Dies umfasst beispielsweise Verstöße gegen die Preisangabenverordnung, wie das Fehlen einer Grundpreisangabe, oder Werbeaussagen, die in den Bereich unlauterer Wettbewerbspraktiken fallen oder schlichtweg falsch sind.

Datenschutz und DSGVO

Seit Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 sind auch Onlinehändler verpflichtet, umfassende Maßnahmen zum Datenschutz umzusetzen und diese gegebenenfalls zu dokumentieren.

Die Anzahl der zu bearbeitenden Punkte ist äußerst vielfältig.Selbstverständlich umfasst dies die Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten (unserer Kunden), den Einsatz von Analysetools, Schriftarten, die von externen Servern eingebunden werden, den Umgang mit sozialen Medien und vieles mehr.

Bisher bestand insbesondere die Gefahr, dass offizielle nationale Stellen wie Aufsichtsbehörden oder Datenschutzbeauftragte der Länder einen Fall verfolgen. Auch Betroffene (in der Regel unsere Kunden) konnten selbst aktiv werden.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auch von Wettbewerbern abgemahnt werden dürfen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Verfahren vor dem EuGH beantragt. Denn auch hier besteht die Gefahr, dass Händler, die gewissenhaften Datenschutz betreiben, im Nachteil gegenüber solchen sind, die das Thema vernachlässigen.

Das Gericht vertritt die Auffassung, dass die Möglichkeit der Abmahnung durch Wettbewerber ein wirksames Instrument zur Verhinderung von Verstößen gegen die DSGVO sein kann. Es scheint, dass die Abmahnung als bedrohlicheres Schreckensszenario betrachtet wird als die Verhängung von Bußgeldern durch offizielle Stellen.

Worum ging es in dem konkreten Fall?

In dem vorliegenden Fall, in dem der Bundesgerichtshof den Europäischen Gerichtshof angerufen hat, ging es um zwei Apotheker.

Da einer der beiden Apotheker seine Medikamente nicht nur über einen eigenen Shop, sondern auch über die Plattform Amazon vertrieb, mussten Kunden vor der Bestellung diverse Gesundheitsdaten angeben. Dabei handelte es sich um apothekenpflichtige Medikamente.

Gemäß DSGVO sind Gesundheitsdaten sensible personenbezogene Daten, weshalb sie einer besonderen Behandlung bedürfen. Der abmahnende Apotheker vertrat die Ansicht, dass Kunden vorab in die Verarbeitung ihrer Gesundheitsdaten einwilligen müssen, damit seine Wettbewerber einen Kanal wie Amazon nutzen können. Nach Auffassung des BGH liegt hierin ein Verstoß gegen die DSGVO, der als Wettbewerbsverstoß abgemahnt werden kann.

Hier der Link zur offiziellen Pressemeldung: https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2024-10/cp240159de.pdf

Nadine Huss

Nadine ist die Autorin des Buchs "E-Commerce-Manager*in", Dozentin und Beraterin.